Bevor wir zum eigentlichen Thema kommen, hier erst einmal die Definitionen nach dem Oxford-Wörterbuch:
Umgangssprache/gesprochene
Wort:
- 1. SPRACHWISSENSCHAFT: Sprache, die im täglichen Umgang mit anderen Menschen verwendet wird; nicht der Standardsprache
entsprechende, aber weitgehend akzeptierte, meist gesprochene überregionale Sprache"Umgangssprache sprechen"
- 2. Sprache, in der eine Gruppe miteinander umgeht, sich unterhält
Schriftsprache:
- 1. Hoch-, Standardsprache in der (bestimmten sprachlichen
Gesetzmäßigkeiten folgenden) schriftlichen Form"die deutsche Schriftsprache"
Nun zu den Unterschieden von Umgangssprache und Schriftsprache:
1.) Das geschriebene Wort und
das gesprochene Wort sind zwei grundverschiedene Formen der Sprache. Während das geschriebene Wort auf Papier oder einem
elektronischen Medium festgehalten wird, wird das gesprochene Wort in der Luft übertragen und von den Ohren des Zuhörers
aufgenommen. Diese Unterschiede führen zu verschiedenen sprachlichen Eigenschaften und Anforderungen, die ich im Folgenden näher
erläutern werde.
2.) Einer der offensichtlichen
Unterschiede zwischen dem geschriebenen und dem gesprochenen Wort ist ihre unterschiedliche Form. Das geschriebene Wort ist
statisch und kann jederzeit gelesen werden. Es ermöglicht dem Leser, seine Gedanken zu sammeln und sich Zeit zu nehmen, um den
Inhalt zu verstehen und zu analysieren. Das gesprochene Wort hingegen ist flüchtig und kann nicht zurückgespult werden. Der Zuhörer
muss daher aufmerksam sein und die Informationen sofort aufnehmen, um sie zu verstehen und speichern.
3.) Ein weiterer Unterschied
betrifft den Gebrauch von Pausen und Füllwörtern. Das geschrieben Wort erfordert keine Pausen oder Füllwörter, um den Text
verständlicher zu machen. Die Autorin kann ihre Gedanken und kreative Ideen in vollständigen Sätzen ausdrücken und sie in einer
logischen Reihenfolge präsentieren (Plot, roter Faden). Im Gegensatz dazu kann das gesprochene Wort ohne Pausen und Füllwörter
schwer zu verstehen sein. Der Sprecher kann seine Gedanken nicht so sorgfältig planen und muss daher häufig Pausen machen oder
Füllwörter verwenden, um seine Sätze zu vervollständigen.
4.) Ein weiterer wichtiger
Unterschied betrifft die Verwendung von Grammatik und Rechtschreibung. Das geschriebene Wort erfordert eine sorgfältige Grammatik
und Rechtschreibung, um die Bedeutung exakt zu übermitteln. Fehler in der Rechtschreibung oder Grammatik können dazu führen, dass
der Leser den Inhalt missversteht oder falsch interpretiert. Im Gegensatz dazu erfordert das gesprochene Wort keine perfekte
Grammatik oder Rechtschreibung. Der Sprecher kann unvollständige Sätze oder Dialekt verwenden und trotzdem verstanden werden,
solange die Bedeutung klar ist.
5.) Schließlich gibt es auch
Unterschiede in der Verwendung von Emotionen und Betonungen. Das geschriebene Wort kann Emotionen nur durch Einsatz von Wörtern und
Sätzen vermitteln, während das gesprochene Wort Emotionen durch die Betonung und den Tonfall des Sprechers ausdrücken kann. Ein
erfahrener Sprecher kann die Bedeutung eines Satzes durch die Betonung und den Tonfall deutlich verändern und dem Zuhörer so eine
zusätzliche Ebene der Information vermitteln. (Daher kommt es häufig in WhatsApp-Nachrichten zu Missverständnissen. Sie werden in
Umgangssprache geschrieben und geben nicht alle Emotionen wieder, die der Versender eigentlich transportieren will. Auch unter
Einsatz von Emojis erreichen wir häufig nicht das erzielte Ergebnis.)
Insgesamt gibt es also klare Unterschiede zwischen dem geschriebenen und dem gesprochenen Wort. Beide Formen habe ihre eigenen
Anforderungen und Herausforderungen. Während das geschriebene Wort sorgfältig geplant und formatiert werden muss, erfordert das
gesprochene Wort spontanes Denken und eine klare Aussprache. Unabhängig von der Form, in der Sprache verwendet wird, ist es
wichtig, sich der Unterschiede bewusst zu sein und die entsprechenden Techniken anzuwenden, um die Kommunikation effektiv zu
gestalten.
Warum wir die Umgangssprache nicht (oder selten) im Roman verwenden:
In der Literatur werden verschiedene Stile und Sprachregister verwendet, um bestimmte Effekte zu erzielen und den Lesern
unterschiedliche Erfahrungen zu bieten. Umgangssprache ist eine informelle Sprachform, die in Alltagssituationen verwendet wird.
Sie ist geprägt von regionalen Dialekten, Slang, Jargon und anderen sprachliche Nuancen.
Obwohl die Umgangssprache in der Literatur nicht vollständig ausgeschlossen ist, wird sie oft in begrenztem Umfang eingesetzt. Dies
hat mehrere Gründe:
1. Leseverständnis: Literatur
soll von einer breiten Leserschaft verstanden werden. Der Einsatz von Umgangssprache kann zu Verständnisschwierigkeiten führen,
insbesondere wenn der Roman in verschiedenen Regionen oder für ein internationales Publikum veröffentlicht wird. Standardisierte
Sprachformen ermöglichen größere Zugänglichkeit.
2. Langlebigkeit: Literatur hat
häufig eine längere Lebensdauer als andere schriftliche Formen. Umgangssprache kann schnell veralten und für zukünftige
Generationen schwer verständlich werden. Durch die Verwendung einer allgemeinen Sprachform wird die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass
der Roman auch in Zukunft gelesen und verstanden wird.
3. Ästhetik und Stil: Der
literarische Stil kann stark von der Wahl der Sprache abhängen. Autoren verwenden häufig eine formellere oder poetischere Sprache,
um bestimmte Stimmungen, Atmosphären oder Intentionen zu vermitteln. Eine zu starke Verwendung von Umgangssprache könnte die
gewünschte ästhetische Wirkung beeinträchtigen.
Fazit: Natürlich gibt es
Ausnahmen von diesen Konventionen, und einige Autoren haben erfolgreich Umgangssprache in ihren Werken verwendet. Aber im
allgemeinen bevorzugen Autoren und Autorinnen eine Sprache, die eine breitere Leserschaft erreicht, eine längere Lebensdauer hat
und besser zum eigenen stilistischen Ansatz passt.
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